Hopp done: Preußen Münster vs. Hallescher FC 2:0

Match: 3. Liga, 26. Spieltag
Datum: 16.02.2013, 14:00Uhr
Ground: Preußenstadion
Zuschauer: 7078 (Kapazität 15.050)
Bratwurst: 7,5 von 10; 2.30€, wird leider gestapelt, daher nicht ganz heiß, Senf und Brötchen astrein
Bier: 8 von 10; 3€, Warsteiner, perfekte Kühlung für Plastikbecher, zu wenig Krone
Stehplatzkarte: 8€ (ermäßigt), Block M
Tore: Kara (19.) FE, Kara (50.)

 
„Herz und eine Seele“ ganz ohne Ekel

Ein Stadiondenkmal. Eines dieser „Altehrwürdigen“. Rund. Stehplatzkurven. Zwei Tribünen. Sonst offen. Flutlichtmasten. Rotasche-Tartanbahn. Erste elektronische Anzeigetafel seit 2010, die zuvor in einem Werk von ThyssenKrupp hing. Keine Arena. Nein, das ganz sicher nicht. 1963 begrüßte das Preußenstadion als Mitbegründer der 1. Bundesliga am 1. Spieltag den Hamburger SV. Vor 30.000 Zuschauern schoss Falk Dörr das 1:0. Charly Dörfel glich kurz vor Schluss aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Preußenstadion schon satte 37 Jahre auf dem Buckel. Kurz vor der Fertigstellung des modernen 40.000 Zuschauer fassenden Westfalen-Tempels wurde von dort aus die erste Liveübertragung eines Fußballspiels im deutschen Rundfunk übertragen. Gegner: natürlich Erzfeind Arminia Bielefeld.

Gegen Boyens, Dörfel und die Seeler-Brüder begann die erste und letzte Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte. Das Preußenstadion an der Hammer Straße steht wie kaum ein anderes Stadion Deutschlands als Synomym für Auf- und Abstiege, für Risse im Fundament, für Sanierungen im Gebälk und Etagen übergreifende Neubauten. 2000 scheiterte das Modell „Preußen-Park“ und bei einer Sanierung 2009 wurden Arbeiter verletzt, als Teile der Dachkonstruktion des Rohbaus der neuen Haupttribüne zusammenbrachen. Zwei Jahre später folgte der sportliche Aufstieg in die 3. Liga. Preußen Münster und sein Preußenstadion sind trotz sichtbarer Schrammen immer noch ein Herz und eine Seele. Nun winkt die 2. Bundesliga.

Die Renaissance des Fahrradständers

8€ ermäßigter Eintritt. Für fast 50.000 Studenten ein machbarer Stadiongang. Nähert man sich dem Preußenstadion, nähert man sich gleichzeitig Linienbussen, Fußgängern und natürlich – Fahrradfahrern. Demographische Studien an hundert Personen festzumachen reicht hier nicht aus. Selten ein derart gemischtes Publikum vernommen. Vor den Eingängen erwarten den Zuschauer grün-weiß angestrichene Ziegelbauten mit nostalgischen Schießscharten, aus denen man eine Stadionzeitung (nicht Heft) und „ne Katte“ bekommt. Ein freundlicher Ordner und zwei Ausschänke weiter erklimmt man eine kleine Anhöhe wie im früheren Gelsenkirchener Parkstadion. Mit einer Kamera auf der Stirn wären jene letzten Meter ins Stadion ein ästhetisches Mittel zum Aufbau von Spannung. Plötzlich ist man wieder zehn Jahre alt und läuft schon einmal vor. Natürlich ruft der Papa vergebens. Das alles natürlich im Dickicht aus Bratwurstnebel und Uringeruch. Keine Arenen-Karten. Keine menschlichen Aufladestationen. Bratwurst 2.30€. Ende der Durchsage.

1zu1-Betreuung und viel Verwirrung

800 angekündigte Hallenser reichten für die Behörden aus um das Match als „Sicherheitsspiel“ zu deklarieren. So entpuppte sich ein völlig überzogenes Polizeiaufgebot als sozialpädagogische 1zu1-Betreuung. Sicher ein gern erprobter populistischer Akt um beim Kehraus der Saison über „deutliche Zunahmen an Einsatzkräften“ zu schwadronieren.
Zu noch mehr optischer und akustischer Täuschung führten gleich zwei preußische Ultragruppen, die sich in der Heimkurve auf einen offensichtlich nötigen Sicherheitsabstand gegenüber positionierten. Und da die Stehplatztribüne der Gegengerade ebenfalls eigene Lieder anstimmte, fühlte man sich als neutraler Stadiongänger schnell wie bei den Marktschreiern. Wir könnten an dieser Stelle nun wieder recherchieren, wer gegen wen und warum nicht der eine mit dem anderen kann. Wir könnten Presseartikel und Stellungnahmen verlinken. Aber nein, einfach keine Lust mehr darauf. Denn am Ende steht als unverrückbares Fazit: Auditive Koalitionen führen zu mehr Lautstärke, zu mehr Stimmung, zu mehr „12. Mann“, zu mehr Erfolg, zu mehr Heimspiel. „Mitwollende gibt’s wenig, Misswollende viel.“ wusste schon Goethe. Fragt sich nur ob dies dem eigenen Verein auf Dauer hilft.

Mehmet Kara, Fußballgott!

„Wer ist denn der 16er bei Halle? Das issen Guter!“ – Der Aufsteiger aus Halle machte seinem Ruf als „unbequemer“ Gegner von Beginn an alle Ehre. Vom 39-jährigen Keeper Darko Horvat bis zum 21-jährigen Erich Sautner ist alles vertreten. „Unbequem“ mutiert da schnell mal zur echten „Wundertüte“. So ist es nicht verwunderlich, dass Sieg-Niederlage-Remis-Bilanzen erscheinen wie Aktienwerte nach einem Börsencrash. Der „16er“ ist übrigens der 21-jährige Dennis Mast. Wirklich gefährliche Aktionen kamen nur über die linke Hallescher Seite. „Zu wenig!“ hörte man das imaginäre Sprachrohr nach Ablauf der Anfangsphase sagen. So wurde der starke Bischoff im Strafraum gefoult. Neutransfer Kara zum Ersten in der 19. Minute. Auch wenn Halle dem guten, alten „sich wehren“ nacheiferte, konnten kaum klare Torchancen vorgetragen werden, auch wenn bis zur Halbzeitpause ein Treffer nicht völlig unverdient gewesen wäre.

Die zweite Hälfte lief dann wie erwartet. Der Tabellendritte aus Münster trug seine Angriffe kontrollierter vor. Grote, Kirsch und Kara überzeugten. Den Doppelpack schnürte Kara in der 51. Minute nach Vorarbeit von Grote und guter Einzelleistung. Von „Arbeitssieg“ zu sprechen wäre der technischen Qualität des Spiels auf schwer zu spielenden Boden nicht gerecht. Zwei engagierte Mannschaften boten den 7000 Zuschauern ein unterhaltsames und vor allem temporeiches Spiel. Fazit: die Leistung der Preußen war solide. Um jedoch weiterhin die Aufstiegsränge anzuvisieren, müssen bei den bald folgenden Krachern zu Hause gegen Osnabrück und in Bielefeld einige Gänge hochgeschaltet werden. Für Halle heißt es weiterhin: Ob Niederlage oder Sieg, das Remis kommt bestimmt. Für ernsthafte Abstiegssorgen funktioniert das Kollektiv der Truppe um Coach Köhler zu stimmig.

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4 Kommentare

  1. Walter Budde

    Ein guter Bericht über die tatsächlichen Zustände im und um das Stadion. Vor allem die kontroversen Fangruppen. Der 12.Mann, die Fangruppen? Weit gefehlt! Sie bringen Zündstoff ins Stadion, aber keine Rückendeckung!! Fußball ist meines Wissens nach Teamsport, aber diese Gruppen scheinen es nicht zu verstehen, oder wollen sie nicht? Schade!
    Chance vertan und trotzdem steigt der SCP auf!
    Walter

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  2. Uwe aus Münster

    Der Bericht trifft die Tatsachen und Fakten fast vollständig; wir aus der Gegengerade werden unseren Adlerträgern immer ein 12er Mann sein – versprochen!

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  3. Pingback: Das Preußenstadion aus Sicht eines Außenstehenden | Aktion Gemeinsame Kurve

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